8. Mai - Ein Fest zur Befreiung

Sa, 8. Mai 2004, 18 Uhr, beim Roosevelt-Platz im Sigmund-Freud Park

Am 8. Mai 2004 jährt sich zum 59. Mal die Zerschlagung der nationalsozialistischen Herrschaft. An diesem Tag feiern wir die Niederlage des deutschen Reiches, das Ende von Mord und Unterdrückung, die Befreiung der Gefangenen aus den Konzentrations- und Vernichtungslagern - und trauern um die Ermordeten der Shoah. Am 8. Mai feiern wir diejenigen und danken denjenigen, die diesem Treiben ein Ende setzten. Gleichzeitig bleibt aber das Entsetzen, dass die Niederlage der Nazis um so vieles zu spät erfolgte und dass essentielle  „Errungenschaften“ des NS bis heute weiterbestehen.

Die Alliierten, welche in Österreich und Deutschland 1945 die Einführung der Demokratie erzwangen, wurden als Besatzer gesehen. Die personelle Kontinuität nach 1945, das Buhlen der Parteien um die Stimmen der „Ehemaligen“ ist bloß ein Symptom für die ideologische Kontinuität. Resultate des NS, wie die Stiftung einer Volksgemeinschaft, ihre innige Beziehung zum Staat, korporative Strukturen (Sozialpartnerschaft, Volksparteien etc.) bestimmen den Charakter der Nachfolgestaaten. Das Schweigen über die eigene Beteiligung an der Shoah wirkt einigend und entlastend; Österreich brachte zu diesem Zweck die Behauptung hervor, erstes Opfer des Nationalsozialismus gewesen zu sein.

Auch der Antisemitismus verschwand nach 1945 keineswegs. Die oberflächliche gesellschaftliche Missbilligung offener antisemitischer Ausbrüche führte zur Herausbildung neuer Erscheinungsformen: Es durfte kritisiert werden, dass „die Juden“ immerzu vom Holocaust sprachen, ständig Entschädigung verlangten etc. Dieser so genannte sekundäre Antisemitismus wurde auf internationaler Ebene durch den Antizionismus ergänzt. Jenem Staat, der die einzige relative Sicherheit vor dem weltweiten Antisemitismus bietet, schlägt als dem „Juden unter den Staaten“ das Ressentiment entgegen. Angesichts der „Al-Aqsa- Intifada“, welche außer bei arabischen Staaten auch in der UNO, der EU und weiten Teilen der Antiglobalisierung- und Friedensbewegung Unterstützung findet, ist unbedingte Solidarität mit Israel als dem Staat der Shoah-Überlebenden und als Schutzmacht von Jüdinnen und Juden weltweit, die einzig logische Konsequenz.

Der 8. Mai sollte also als jener Tag erinnert werden, an dem das großangelegte nationalsozialistische Projekt zur Vernichtung von Menschen um der Vernichtung willen erfolgreich zurückgedrängt worden ist. Wir erinnern daher an den Einsatz der US-amerikanischen und britischen Streitkräfte, der französischen Resistance, der PartisanInnenverbände, der Deserteure und aller WiderstandskämpferInnen, die gegen das nationalsozialistische Regime kämpften. Wir erinnern im Besonderen an den Einsatz der Roten Armee, die mit ihrem Beitrag zur Befreiung die größten Opfer hinnehmen musste. Aus diesem Grund treffen wir uns beim Denkmal der Roten Armee am Schwarzenbergplatz, um die Niederlage des Nationalsozialismus zu feiern und gleichzeitig daran zu erinnern, dass die Möglichkeit der Barbarei ebenso fortwest wie die Verhältnisse, die sie schon einmal hervorbrachten.

Ein Fest von

Anthropoid Innsbruck, Aktionsbündnis gegen Antisemitismus Innsbruck, Archiv der sozialen Bewegungen/Wien, Autonome Uniantifa, BANG, Café Critique, Context XXI, KPÖ-GO Dogma, Grünalternative Jugend Wien, Hashomer Hazair, Infoladen Wels, Infoladen X, Initiative Tolbuchinring, Jüdische Veteranen der Roten Armee, LICRA, Monochrom, ÖH Uni Wien, ÖKOLI, Rapublikanischer Club, StRV HUS Doktorat, Studienrichtungsvertretung Politikwissenschaft, www.gegennazis.at.tf, www.juedische.at, Zecken