Niemals Vergessen!
Gegen Antisemitismus und Faschismus!

Gegen den antizionistischen Konsens!

Solidarität mit Israel!

 

Gedenkkundgebung zum Novemberpogrom am 8.11. um 17 Uhr; Ecke Zirkusgasse/Schmelzgasse, 2. Bezirk

 

RednerInnen:

- Angelica Bäumer (Zeitzeugin)

- Dagmar Ostermann (Zeitzeugin)

- Raimund Fastenbauer (Generalsekretär der Israelitischen Kultusgemeinde)

- Für die jüdische Jugend Wiens sprechen VertreterInnen von Bnei Akiva, Hashomer Hatzair und Jad Bejad - Hand in Hand

- Café Critique

- Studienvertretung Politikwissenschaft

 

Die Pogrome rund um den 9. November 1938 waren nur die Höhepunkte eines von antisemitischen Ausschreitungen geprägten Jahres. Im Raubzug gegen ihre jüdischen NachbarInnen spielten die OstmärkerInnen eine Vorreiterrolle. Bereits vor der umjubelten Vereinigung Österreichs mit Nazideutschland am 12. März 1938 fanden Pogrome statt, denen nach dem Anschluss „wilde“ Arisierungen folgten. Der Fanatismus  veranlasste sogar die zentralen Stellen zu Maßnahmen, um die Enteignung der Jüdinnen und Juden im gesamten NS-Reich in „ordentliche“ Bahnen zu lenken. Nachdem es im Oktober in Wien erneut zu Gewalttaten, Plünderungen und Brandstiftungen gekommen war, schien die Zeit in den Augen der Nazis reif für ein Vorgehen im gesamten Deutschen Reich. Der Pogrom im November 1938 übertraf die bisherige Barbarei, und die Blutorgie ließ für die Zukunft noch Schlimmeres erwarten. Er war die endgültige Enthemmung des antisemitischen Mobs und der Auftakt zum Massenmord. Die damalige „Ostmark“ und insbesondere Wien bildeten die Vorhut der Vernichtung.

 

„Spontane“ Antwort der Bevölkerung

Die NSDAP-Propaganda versuchte, den Pogrom als „spontane“ Antwort der Bevölkerung auf den Tod eines deutschen Diplomaten darzustellen. Der „Startschuss“ zum Pogrom wurde dann vom Propagandaminister gegeben. Alle, die in den letzten Wochen und Monaten von den Parteistellen und Gauleitungen wegen unkontrollierbaren und „wilden“ Arisierungen zur Ordnung gerufen wurden, durften nun endlich wieder zuschlagen. Der von den Nazis geprägte Name „Reichskristallnacht“ kokettiert dabei mit dem „schaurig-schönen“ Widerschein des Feuers in den auf der Straße liegenden Glasscherben und verharmlost die blutige Gewalt.

 

„Arbeitsteilung“

Während die SA in Zivil gemeinsam mit Angehörigen der Hitlerjugend und anderen Parteiorganisationen jüdische Geschäfte und Wohnungen plünderte und zerstörte, ging die SS, ebenfalls in Zivilkleidung, gezielt gegen FunktionärInnen jüdischer Organisationen vor. Verhaftete Jüdinnen und Juden brachte man in Schulen, Gefängnisse und in die spanische Hofreitschule neben der Hofburg, zwang sie zu „gymnastischen Übungen“, ohne ihnen Nahrung zu geben und ließ sie aufrecht stehend schlafen. Einige Jüdinnen wurden gezwungen, sich zu entkleiden und zur Unterhaltung der Sturmtruppen sexuelle Handlungen mit Prostituierten auszuführen; andere mussten nackt tanzen. Ein Gestapo-Agent aus Wien berichtete später seinen Vorgesetzten, dass er und seine Kameraden Schwierigkeiten gehabt hätten, die Menschenmenge davon abzuhalten, noch mehr Jüdinnen und Juden tätlich anzugreifen.

In Wien wurden insgesamt 42 Synagogen und Bethäuser meist durch Brandstiftung zerstört. 27 Juden wurden getötet und 88 schwer verletzt. 6.547 Jüdinnen und Juden wurden in Wien verhaftet, fast 4000 von ihnen wurden ins Konzentrationslager Dachau verschleppt. Tausende jüdische Geschäfte und Wohnungen wurden zerstört. 4.083 jüdische Geschäfte wurden gesperrt. Allein im „Kreis Wien I“ wurden 1.950 Wohnungen zwangsgeräumt. Hunderte Jüdinnen und Juden begingen darauf hin Selbstmord. Eine Rückgabe der enteigneten Wohnungen und Geschäfte nach 1945 fand praktisch nicht statt. Bis zum heutigen Tag profitieren die Nachkommen der TäterInnen in Wien und ganz Österreich von den Verbrechen, die damals ihren Anfang nahmen.

Aber nicht nur in Wien, auch in der ostmärkischen Provinz tobte der Mob: Im heutigen Niederösterreich kam es zur Sprengung von Synagogen und zu Massenfestnahmen. Die Tempel in Berndorf, Vöslau und Baden fielen dem Pogrom zum Opfer. In Baden wurden alle Jüdinnen und Juden verhaftet, in St. Pölten kam es zu Massenfestnahmen. In Salzburg-Stadt wurden Geschäfte verwüstet, Akten aus der Kultusgemeinde weggeschafft und die Synagoge demoliert. Im Land Salzburg wurden etwa hundert Juden und Jüdinnen festgenommen. In Oberösterreich wurden 65 Jüdinnen und Juden bereits am 8. November festgenommen. In Linz und Graz wurden in der Nacht zum 10. November die Synagogen niedergebrannt. In Klagenfurt wurde der Tempel völlig zerstört. Der Mob wandte sich vor allem gegen Wohnungen der Jüdinnen und Juden, da die Geschäfte bereits vorher „arisiert“ worden waren. 40 Jüdinnen und Juden wurden verhaftet und nach Dachau deportiert. In Tirol konzentrierte sich der Terror auf Innsbruck, wo vier Juden ermordet wurden. Im Burgenland wurde die Synagoge in Eisenstadt zerstört.

 

Gegen den antizionistischen Konsens!

Der für die österreichische postnationalsozialistische Gesellschaft charakteristische Antisemitismus tobt sich heute zunehmend im Hass auf den Staat der Shoah-Überlebenden aus. Der von Deutschen sowie ÖsterreicherInnen mit Begeisterung vom Zaun gebrochene Vernichtungsfeldzug gegen Polen und die Sowjetunion, der Beginn der totalen Vernichtung der europäischen Jüdinnen und Juden im Herbst 1941 und die Flucht von vielen Jüdinnen und Juden waren die entscheidenden Ursachen für die Gründung Israels. Während der Zionismus in den 50 Jahren davor noch von vielen Jüdinnen und Juden abgelehnt wurde, da sie die Hoffnung auf Assimilierung nicht aufgaben oder ein Ende des Antisemitismus durch die revolutionäre Veränderung der Gesellschaft erkämpfen wollten, bestätigte der deutsch-österreichische Vernichtungswahn in grausamer Weise die Notwendigkeit eines jüdischen Staates. Trotz widriger Umstände und gegen den erbitterten Widerstand Großbritanniens gelang Tausenden Opfern des NS-Terrors die Flucht nach Palästina. Nach der Nichtanerkennung des UN-Teilungsplanes durch die umliegenden arabischen Staaten und der Staatsgründung Israels begannen diese ihren ersten Krieg gegen den neuen Staat. In den 15-monatigen Kampfhandlungen ließen über 6000 Israelis, viele eben erst den nationalsozialistischen Todesmühlen entkommen, ihr Leben. Israel ist seitdem Schutzmacht und Zuflucht für Jüdinnen und Juden weltweit. Wenn, wie im 2. Weltkrieg, fast alle Länder dieser Erde ihre Grenzen nochmals für jüdische Flüchtlinge schließen sollten, gibt es mit Israel einen Ort, wo sie jetzt  relativen Schutz finden können.

War dieser Schutz seit der Gründung Israels immer schon aufgrund von Angriffskriegen, der zweiten Intifada, Raketenangriffen und Selbstmordanschlägen ein relativer, so bedeuten nun Atomwaffen in der Hand eines Regimes, dessen politisches Programm die Vernichtung Israels beinhaltet, eine neue, existentielle Bedrohung. Nicht nur Mahmoud Ahmadinejad fordert regelmäßig die Vernichtung Israels, auch der im Westen als „moderat“ gehandelte iranische Expräsidenten Rafsandschani ließ verlautbaren, dass bereits der Einsatz einer Atombombe, gezündet in der Nähe von Tel Aviv, ausreichen werde, um Israel zu vernichten. Dieses Ziel sei so erhaben, dass dabei der Tod von Millionen Iranern als Folge eines israelischen Gegenschlages in Kauf genommen werden müsse. Das Mullahregime proklamiert den Kampf gegen den Westen und ruft eben nicht, wie fälschlicherweise oft geglaubt wird, erst seit Ahmadinejad zur Vernichtung des jüdischen Staates auf. Mittlerweile ist das Atomprogramm des Irans weit fortgeschritten und die europäischen Verhandlungsbemühungen wurden von iranischen Politikern öffentlich als eine Verlängerung des Zeitfensters für die Fertigstellung der atomaren Anlagen goutiert. Aus der Erfahrung mit dem Nationalsozialismus hätte man aber lernen sollen, dass sich Regimes, die sich die Vernichtung von Jüdinnen und Juden zum Ziel setzen, nicht durch Zugeständnisse, Kompromissangebote oder sonstiges Appeasement von ihren Vorhaben abbringen lassen. Und man sollte begriffen haben, dass Judenmörder die Ankündigung ihrer Verbrechen, so irrsinnig sie auch erscheinen mögen, ernst meinen. Das heißt: Beim Kampf gegen das iranische Regime und bei der Verhinderung seiner Aufrüstung mit Atomwaffen geht es um nichts anderes als die Verhinderung einer zweiten Shoah.

 
Doch hierzulande, wo man auch den eingeborenen Nazis gerne mit Nachsicht und Toleranz begegnet, ist man zurzeit weit entfernt vom entschlossenen Handeln gegen den Iran. Im Gegenteil, die OMV, der führende Öl- und Erdgaskonzern Mitteleuropas, plant Milliardendeals mit den Teheraner Mullahs: die Rückendeckung der österreichischen Regierung und die Zustimmung der Oppositionsparteien sind dem größten börsennotierten Industrieunternehmen des Landes dabei sicher. Währenddessen beteiligt sich die österreichische Außenpolitik nicht einfach am europäischen Appeasement gegenüber dem djihadistischen Faschismus, sondern nimmt ausgerechnet zusammen mit Deutschland eine Vorreiterrolle bei der Ablehnung von Frankreichs Initiative zu gesonderten EU-Sanktionen gegen den Iran ein.

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In der Zirkusgasse 22 stand bis zu ihrer Zerstörung und Plünderung durch den Nazi-Mob am 10. November 1938 die Synagoge der seit 1736 bestehenden türkisch-jüdischen Gemeinde, auch „Türkischer Tempel“ genannt. Sie wurde im maurischen Stil zwischen 1885 und 1887 nach den Plänen des Architekten Hugo von Weidenfeld erbaut. Als Vorbild diente die Alhambra, worin sich das Andenken an die ehemalige spanische Heimat der Sepharden äußerte. Die Synagoge verfügte über 424 Sitz- und 250 Stehplätze und war in der Ersten Republik vor allem als Wirkstätte des Oberkantors Isidor Lewit von Bedeutung. Erst 1988, ein halbes Jahrhundert nach der Zerstörung der Synagoge, wurde eine von der Stadt Wien gestiftete Gedenktafel an ihrem ehemaligen Ort angebracht.

 

Unterstützende Gruppen: Anthropoid Innsbruck, Autonome Uni Antifa, Bnej Akiba, Bund sozialdemokratischer Juden – Avoda, Café Critique, Context XXI, Friends of Israel/Linz, GO Dogma, Hashomer Hazair, Infoladen X, Initiative gegen Antisemitismus Zürich, Israelitische Kultusgemeinde, Jad Bejad - Hand in Hand, KSV Lili, LICRA – Österreich, Misrachi, Scholars for Peace in the Middle East (SPME) Austria, SoHo Wien Sektion 69, Studienvertretung Politikwissenschaft, www.antifa-on.org, www.juedische.at, Zionistische Föderation in Österreich, ZPCL der B'nai B'rith