Filmreihe gegen die Realität

 

Eine Filmreihe der Studienvertretung Politikwissenschaft

Auch in diesem Semester gibt es wieder eine Veranstaltungsreihe der Studienvertretung, diesmal in Form einer Filmreihe. Wir laden Euch herzlich zu Vorführung von Filmen ein, die uns aktuell und relevant erscheinen, die man jedoch nur selten zu sehen bekommt.

25.10. Operation Spring
19.30 Uhr, Hauptuni, HS 28

Ein Film von Angelika Schuster und Tristan Sindelgruber

Anschließend Diskussion mit den FilmemacherInnen

Im Morgengrauen des 27. Mai 1999 stürmen 850 Polizisten Wohnungen und Flüchtlingsheime in ganz Österreich. Der Codename der Polizeiaktion ist „Operation Spring“, es ist die größte kriminalpolizeiliche Aktion seit 1945. Insgesamt werden an die 100 Afrikaner verhaftet. Die Medien berichten von einem noch nie dagewesenen Erfolg der Polizei im Kampf gegen die Organisierte Kriminalität. Mit Hilfe des ersten Großen Lauschangriffs sei es gelungen, die Bosse eines international agierenden Nigerianischen Drogenrings festzunehmen. In den folgenden Jahren entwickelt sich daraus das größte Justizverfahren gegen Afrikaner in Österreich. Fast alle Angeklagten werden verurteilt. Das gesamte Strafausmaß beträgt mehrere hundert Jahre Haft.

Operation Spring ist ein Dokumentarfilmthriller über die Erprobung neuer Ermittlungsmethoden und Gesetze in Österreich. Schritt für Schritt werden die damaligen Ereignisse aufgerollt und die Hauptbeweismittel unter verschiedenen Blickwinkeln akribisch untersucht. Während zu Beginn den Schwierigkeiten der Polizei und des Gerichts bei der Handhabung der neuen Ermittlungsmethoden und deren Ergebnissen nachgegangen wird, nehmen die Ereignisse im weiteren Verlauf eine immer bedrohlichere Entwicklung mit kafkaesken Zügen. Beteiligte der involvierten Seiten erzählen, was sie damals erlebt haben, wie sie die Ereignisse wahrgenommen haben. Unter ihnen Richter, Anwälte, ein Beamter aus dem Justizministerium, ein ehemaliger Kronzeuge und ein verurteilter und inhaftierter Afrikaner. Darüber hinaus folgt der Film dem letzten noch offenen „Operation Spring“ - Prozess, der im Herbst 2003 zum dritten Mal neu aufgerollt wird. Entwicklungen und Fragen, die in diesem Verfahren auftauchen, werfen im Nachhinein ein neues Licht auf die gesamten Operation Spring Prozesse. Der Film stellt die Frage, ob die Angeklagten jemals die Chance auf ein faires Verfahren hatten.

15.11. Das negative Potential. Gespräche mit Johannes Agnoli

20 Uhr, Wipplingerstr. 23 (Tiefer Graben), 1010 Wien
Ein Film von Christoph Burgmer

Filmvorführung mit einleitenden Worten und Diskussion


Am 4. Mai 2003 starb Johannes Agnoli. Er war bis Anfang der 90er Jahre Professor für Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin und hat mit der „Transformation der Demokratie“ einen der wichtigsten Texte der 68er-Bewegung verfasst. Als Staatsfeind auf dem Lehrstuhl hatte er gezeigt, dass der Zweck eines Studiums nicht darin bestehen muss, stromlinienförmige Karrieristen heranzuziehen. Seine Aufgabe sah er vielmehr darin, als radikaler Aufklärer und kommunistischer Kritiker ein Projekt Kants fortzusetzen: Die Menschen über die wahre Beschaffenheit der politischen Ordnung, die "lügenhafte Publizität" der Verfassung in Kenntnis zu setzen.

Der Film zeigt Johannes Agnoli in seinem Landhaus in Lucca im Gespräch mit Christoph Burgmer im September 2001. Agnoli führt aus, warum der Staat notwendigerweise ein Zwangsverhältnis darstellt, das für allerlei Dinge zu gebrauchen ist, aber ganz sicher nicht für die Emanzipation der Menschen von Herrschaft und Ausbeutung. Er weist ebenso geduldig wie unnachgiebig darauf hin, dass es nicht um die Humanisierung der Kapitalverhältnisse geht, sondern um deren Überwindung. Gegen die heimtückische Frage, wo denn das Positive bleibe, favorisiert Agnoli die Kraft der Negation und der Subversion. Er spekuliert über eine mögliche Modernisierung des Staates in Richtung eines autoritären Rechtsstaates, erklärt, warum das Kapital über die Einführung einer Tobin-Steuer nur lachen würde, und erläutert, warum die biblische Eva die erste Verkörperung der Subversion war. Und er spricht mit einer Selbstverständlichkeit vom Islamismus als Bedrohung für die Emanzipation, wie man sie in der Linken kaum noch antreffen kann.

 

29.11. Slowenen, Partisanen, Hochverräter

20 Uhr, Wipplingerstr. 23 (Tiefer Graben), 1010 Wien

Ein Film von Gerhard Anton Roth

Anschließend Diskussion mit dem Filmemacher

 

Mehr als 1.000 Partisanen sind in Kärnten im Kampf umgekommen, wurden hingerichtet oder zu Tode gefoltert. Das erlittene Elend der Kriegsjahre hat viele vor der Zeit sterben lassen. Vor allem die Kader verließen die Heimat und gingen ins neu entstandene, sozialistische Jugoslawien. Nicht wenige Altpartisanen kamen während der antistalinistischen Kampagne Titos unter die Räder, wenn sie sich nicht in ein unauffälliges Privatleben retten konnten. In diesem Film erzählen Kärntner Slowenen von ihrer Vertreibung durch die Nazis, den Partisanenkampf und ihre schwierige Rückkehr nach Österreich.

 

13. 12. Artikel 7 – Unser Recht! Pravica Naša! Člen 7

20 Uhr, Wipplingerstr. 23 (Tiefer Graben), 1010 Wien
Ein Film von Thomas Korschil und Eva Simmler

Anschließend Diskussion mit den FilmemacherInnen

 

Ausgehend von bis heute offenen Fragen rekonstruieren Korschil und Simmler in ihrem ersten Dokumentarfilm die wechselhafte Geschichte des Kärntner Minderheitenkonflikts. Im Zentrum stehen die bewegten 1970er Jahre und vor allem die damals politisch aktive Jugend der Kärntner Slowenen. „Artikel 7 – unser Recht!“ war die zentrale Parole einer österreichweiten Solidaritätsbewegung, die auf eine vollständige Erfüllung des, 1955 im Staatsvertrag festgelegten Minderheitenschutzes drängte. Mit „Aufschriftenaktionen“ – der eigenmächtigen Ergänzung von Ortstafeln mit den slowenischen Bezeichnungen – brachten junge Kärntner SlowenInnen den verdeckten Konflikt Anfang der 70er Jahre an die Öffentlichkeit. Bald darauf führte die erste staatliche Aufstellung zweisprachiger Tafeln zum so genannten Ortstafelsturm, der gewaltsamen Demontage sämtlicher Schilder durch Deutschnationale mit bürgerkriegsähnlichen Szenen.
Mit ZeitzeugInnen, politischen AktivistInnen und vielfältigen Archivmaterialien stellen Korschil und Simmler in „Artikel 7 – Unser Recht!“ ein wenig bekanntes Kapitel österreichischer Zeitgeschichte assoziativ, kontextreich und – bei allen Abgründen, auf die sie stoßen – nicht ohne Ironie dar. Auch 50 Jahre nach Unterzeichnung des Staatsvertrags und der Wiedererlangung seiner Souveränität hat Österreich die Verpflichtungen gegenüber den Kärntner Slowenen nicht vollständig eingelöst. Seit Jahren weigert sich die Politik – allen voran der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider – ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs über die Aufstellung zusätzlicher zweisprachiger Ortstafeln umzusetzen. Im heurigen Jubiläumsjahr gibt es neben symbolischen Akten bislang bloß leere Versprechungen. Und auch 2006 werden in Kärnten zweisprachige Ortstafeln ausgerissen.


10.1. Anmerkungen zur Person. Hans-Jürgen Krahl zum Gedächtnis

20 Uhr, Wipplingerstr. 23 (Tiefer Graben), 1010 Wien
Ein Film der Gruppe Slatan Dudow. Filme gegen Deutschland

Anschließend Erläuterungen und Diskussion mit Tobias Ebbrecht

 

Am 16. Oktober 1969 beginnt in Frankfurt am Main der Prozeß gegen die SDS-Mitglieder Günter Amendt, Karl Dietrich Wolff und Hans-Jürgen Krahl wegen "Rädelsführerschaft" bei der am 22. September 1968 stattgefundenen Demonstration gegen die Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels an Leopold Senghor, dem autoritären, aber vom Westen hofierten "Dichterpräsidenten" Senegals. Im Rahmen dieses Prozesses hält Krahl, der führende Kopf des Frankfurter SDS, eine freie Rede, in der er in Form einer politischen Autobiographie seine Hinwendung zur revolutionären Studentenbewegung schildert und mit Rekurs auf Marx, Horkheimer, Sartre, Marcuse und Bloch die Notwendigkeit begründet, den Kapitalismus abzuschaffen. Am 24. Dezember 1969 werden die drei Angeklagten wegen Aufruhr, Landfriedensbruch und Rädelsführerschaft zu jeweils einem Jahr und neun Monaten Gefängnis verurteilt. Krahl geht in Revision. Noch vor Aufnahme des neuen Verfahrens kommt er am 14. Februar 1970 bei einem Verkehrsunfall ums Leben.

 

 

24.1. Un pueblo en armas

20 Uhr, Wipplingerstr. 23 (Tiefer Graben), 1010 Wien

Filmvorführung mit einleitenden Worten und Diskussion


Am 17.
Juli 1936 putschten in den spanischen Enklaven in Nordafrika rechte Militärs, unterstützt von faschistischen, klerikalen und konservativen Kräften. Der Aufstand, der sich innerhalb von Tagen auf ganz Spanien ausbreitete, traf die republikanische Regierung völlig unerwartet. Dennoch wurde dem Aufstand Widerstand entgegengesetzt – Widerstand, der von unten kam, von den Gewerkschaften, vom "Volk". Der Film "Un pueblo en armas", Volk in Waffen, erzählt die Geschichte dieses Aufstandes anhand von Filmsequenzen, die Mitglieder der anarchistischen Gewerkschaft CNT während des dreijährigen Bürgerkriegs gedreht haben. Er zeigt einerseits die Schrecken des Krieges, der zehntausenden von Menschen das Leben kostete, anderseits den mitreißenden Enthusiasmus vieler, welcher die "Spanische Revolution" ermöglichte. Noch heute wird vielfach verschwiegen, dass Spanien zwischen 1936 und 1939 nicht nur ein Ort des Bürgerkrieges war, sondern auch ein Experimentierfeld vieler verschiedener anarchistischer und sonstigen freiheitlicher Theorien. Ob die Kollektivierung der Getreidefeldern Aragons oder die Selbstorganisierung in den Industrie- und Dienstleistungsbetrieben in Barcelona, viele Errungenschaften dieser Revolution waren einzigartig in Europa.

 

Special thanks to Archiv der sozialen Bewegungen Wien