Das negative Potential
Gespräche mit Johannes Agnoli


Filmvorführung mit Videobeamer, 60 Min.

Mit einer Einleitung von Florian Markl und Stephan Grigat über
Agnolis gelebte Subversion und seine Kritik der Politik.

Dienstag, 28. Oktober 2003, 19.30 Uhr
Café 7Stern
Siebensterngasse 31
1070 Wien

Am 4. Mai dieses Jahres ist Johannes Agnoli verstorben. Er war bis Anfang der 90er Jahre Professor für Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin und hat mit der "Transformation der Demokratie" einen der wichtigsten Texte der 68er-Bewegung verfaßt. Als Staatsfeind auf dem Lehrstuhl hatte er gezeigt, daß der Zweck eines Studiums nicht darin bestehen muß, stromlinienförmige Karrieristen heranzuziehen. Seine Aufgabe sah er vielmehr darin, als radikaler Aufklärer und kommunistischer Kritiker ein Projekt Kants fortzusetzen: Die Menschen über die wahre Beschaffenheit der politischen Ordnung, die "lügenhafte Publizität" der Verfassung in Kenntnis zu setzen.


Der Film zeigt Johannes Agnoli in seinem Landhaus in Lucca im Gespräch mit Christoph Burgmer im September 2001. Agnoli führt aus, warum der Staat notwendigerweise ein Zwangsverhältnis darstellt, das für allerlei Dinge zu gebrauchen ist, aber ganz sicher nicht für die Emanzipation der Menschen von Herrschaft und Ausbeutung. Er weist ebenso geduldig wie unnachgiebig darauf hin, daß es nicht um die Humanisierung der Kapitalverhältnisse geht, sondern um deren Überwindung. Gegen die heimtückische Frage, wo denn das Positive bleibe, favorisiert Agnoli die Kraft der Negation und der Subversion. Er spekuliert über eine mögliche Modernisierung des Staates in Richtung eines autoritären Rechtsstaates, erklärt, warum das Kapital über die Einführung einer Tobin-Steuer nur lachen würde, und erläutert, warum die biblische Eva die erste Verkörperung der Subversion war. Und er spricht mit einer Selbstverständlichkeit vom Islamismus als Bedrohung für die Emanzipation, wie man sie in der Linken, die am 27. September in Wien und weltweit gemeinsam mit den Unterstützern der antisemitischen Massenmörder von der Hamas für Blut und Boden demonstriert hat, kaum noch antreffen kann.


Eine Veranstaltung von Café Critique und der Studienrichtungsvertretung Politikwissenschaft