Zum Verhältnis von Antisemitismus und Antizionismus
Alex Gruber

Georg Lukacs schreibt am Beginn seines Aufsatzes "Die Verdinglichung und das Bewußtsein des Proletariats": "(E)s gibt kein Problem auf dieser Entwicklungsstufe der Menschheit, das in letzter Analyse nicht auf diese Frage (nach dem Warencharakter; A.G.) hinweisen würde, dessen Lösung nicht in der Lösung des Rätsels der Warenstruktur gesucht werden müsse." Dazu gelte es, "das Warenproblem nicht bloß als Einzelproblem, auch nicht bloß als Zentralproblem der einzelwissenschaftlich gefaßten Ökonomie, sondern als zentrales strukturelles Problem der kapitalistischen Gesellschaft in all ihren Lebensäußerungen" zu erkennen. "Denn erst in diesem Falle kann in der Struktur des Warenverhältnisses das Urbild aller Gegenständlichkeitsformen und aller ihnen entsprechenden Formen der Subjektivität in der bürgerlichen Gesellschaft aufgefunden werden."1
Eine Bestimmung des Antisemitismus unter Bezugnahme auf die Kategorien der Kritik der politischen Ökonomie ist also keine ökonomistische Erklärung des Antisemitismus. Marx hat keineswegs "lediglich" eine Kritik der Ökonomie - und schon gar keine ökonomische Theorie - verfasst, sondern eine kritische Darstellung der Totalität der warenproduzierenden Gesellschaft sowie eine Analyse der diese Gesellschaft charakterisierenden fetischistischen Bewusstseinsformen. Dies zeigt sich schon an den, zwar nicht explizit ausgeführten, aber doch das gesamte Werk durchziehenden Überlegungen zu einer den Erkenntnissen der Kritik der politischen Ökonomie adäquaten Rechts- und Staatstheorie.
Eine kritische Analyse der politökonomischen Kategorien ist keine Ableitung des Antisemitismus aus der Warenstruktur. Wie Marx den Kapitalismus nicht aus der isolierten Warenstruktur abgeleitet, sondern eine kritische Darstellung der die Gesellschaft bestimmenden sozialen Formen samt der dazugehörigen Bewusstseinsformen verfasst hat, im Zuge derer die Kategorien, mit denen die Darstellung beginnt (Ware, Wert, Geld) sich keineswegs als erste, ursprüngliche erweisen, sondern als hochvermittelte, die ihrerseits die kapitalistische Gesellschaft voraussetzen, wie andrerseits das Resultat der Darstellung sich zugleich als Voraussetzung dieser erweist,2 so dienen auch die ökonomiekritischen Überlegungen in meinem Text der Darstellung und Kritik einer real existenten Bewusstseinsform der kapitalistischen Gesellschaft: Der Antisemitismus ist als Denk- und Praxisform eine Erscheinungsweise der warenproduzierenden Gesellschaft und von kritischer Theorie als solche auszuweisen. Es sind die Widersprüche der Gesellschaft selbst, die im Antisemitismus ihren Ausdruck finden und dieser ist "als objektive Ideologie nichts, ohne die Gesellschaft, die sich in ihm reflektiert."3

Zur politischen Ökonomie des Antisemitismus
Die kapitalistische Gesellschaft ist zu charakterisieren als über sachliche Verhältnisse vermittelte Form indirekter Vergesellschaftung. Im Gegensatz zu vorkapitalistischen Gesellschaften, die bestimmt waren durch persönlich-konkrete Abhängigkeits- und Herrschaftsverhältnisse, sind diese in der warenproduzierenden Gesellschaft sachlich-abstrakt und damit von grundlegend anderem Charakter. An die Stelle persönlicher Macht tritt eine unpersönliche: die des Kapitals, des prozessierenden sich selbstverwertenden Werts. Diese spezifische Form der Vergesellschaftung über den Wert ist gleichzeitig charakterisiert durch einen systematischen Verkehrungs- und Verblendungszusammenhang, der die sozialen Beziehungen der Einzelnen verkehrt erscheinen lässt als Natureigenschaften der Dinge, an denen jeder Hinweis auf die Genesis der Vergegenständlichungen ausgelöscht ist.
So existiert etwa das Geld als der Gegenstand, in dem die Eigenschaft der Ware, Wertgegenständlichkeit, also Ausdruck sozialer Verhältnisse zu sein, handgreiflich allen anderen Gegenständen gegenübertritt. "Alle Eigenschaften der Ware als Tauschwert erscheinen als ein von ihr verschiedener Gegenstand, eine von ihrer natürlichen Existenzform losgelöste Existenzform, im Geld."4 Diese Verdopplung lässt die Ware als rein sinnlich und dinglich erscheinen, während das Geld als Hort des Abstrakten und Übersinnlichen erscheint. Die Form der vergegenständlichten sozialen Beziehungen stellt als antinomischer Gegensatz von Geld als Abstraktem einerseits und stofflicher Natur andrerseits sich dar.
Das Geld tritt also nicht als veräußerlichte Existenz des inneren Gegensatzes der Ware ins Bewusstsein der kapitalen Subjekte, sondern scheint diesen vielmehr von außen an die Ware heranzutragen. Es scheint der Ursprung der Werteigenschaft zu sein und die konkret-besonderen Waren seiner abstrakt-allgemeinen Logik und seinen Gesetzen zu subsumieren und zu unterwerfen.5 Dies ist der Ursprung des antikapitalistischen Ressentiments, welches das Geld als "Wurzel allen Übels" begreift. Das fetischistische Bewusstseins vermag es nicht, die gesellschaftliche Herrschaft in den Begriffen selbst zu dechiffrieren, vielmehr verharrt es innerhalb der erscheinenden Antinomien der wertproduzierenden Gesellschaft und nimmt den Kapitalismus nur in der Form der abstrakten Seite dieser Antinomie wahr. Dies bedeutet gleichzeitig eine Affirmation der konkret erscheinenden Seite: Der einzelnen Ware und der Arbeit, die diese hervorgebracht hat. Das antikapitalistische Ressentiment bejaht damit grundsätzlich die Formen warenförmiger Vergesellschaftung, die es lediglich von störenden, als äußerlich hinzutretend verstandenen Einflüssen befreien will.
Der gesellschaftliche Zusammenhang existiert also im Geld in einem handfesten Gegenstand, an dem der gesellschaftliche Prozess allerdings nicht sichtbar ist. Dieses Geld besteht aber - wie Marx in seiner Kritik der politischen Ökonomie darlegt6 - keineswegs als statisches, sich selbst genügendes Phänomen, sondern nur in einem permanenten Prozess, in dem es beständig akkumuliert, d.h. als Kapital.
Der Produktionsprozess des Kapitals ist ebenfalls durch einen Doppelcharakter gekennzeichnet: Einheit von Arbeits- und Verwertungsprozess zu sein. Dies kommt den kapitalen Subjekten aber aufgrund des systematischen Verkehrungs- und Verblendungs­zusammenhangs nicht zu Bewusstsein. Der Prozess der Wertverwertung erscheint vielmehr ebenfalls als veräußerlichter und getrennter: als Produktion und Zirkulation. Auf der Ebene der Produktion nämlich erscheint das Kapital einerseits "nur als passiver Gegenstand (Produktionsmittel; A.G.) worin alle Formbeziehung ausgelöscht" ist, andrerseits "nur als einfacher Produktionsprozeß, in den das Kapital als solches, als von seiner Substanz verschieden nicht eingeht. Es erscheint (...) nur in der natürlichen Daseinsform dieser Substanz, worin alle Beziehung auf Tauschwert - und darum alle Beziehung auf das Kapital selbst - ausgelöscht ist."7
Der Produktionsprozess des Kapitals stellt sich so nicht als solcher dar, sondern als Arbeitsprozess schlechthin, zu dem die als Ausbeutung - die in der Produktion vor sich gehende Schaffung und in der Zirkulation sich vollziehende Realisierung von Mehrwert - erst äußerlich im Prozess der Zirkulation hinzutritt. Das Kapital wird so lediglich in seiner abstrakt erscheinenden Dimension begriffen: Als (ausbeuterisches "parasitäres") Finanzkapital. Die Produktionssphäre dagegen erscheint als natürlicher und konkreter Prozess, als "organisch verwurzelt". Homolog zur einzelnen Ware wird der gesamte Produktionsprozess als das Überhistorische begriffen, zu dem die abstrakte Seite der Vermittlung äußerlich und gewaltförmig hinzutritt. Die Sphäre der Vermittlung gilt so als dem konkreten Produktionsprozess entgegengesetzte, diesen äußerlich und willkürlich sich subsumierende Anti-Natur, die für die Widersprüchlichkeit und Krisenhaftigkeit der wertverwertenden Gesellschaft und der ihr zugehörigen kapitalen Subjekte verantwortlich gemacht wird.
So schreibt etwa Oswald Spengler - ein kulturpessimistischer Philosoph der Konservativen Revolution - 1924, dass es in der modernen Gesellschaft nicht mehr möglich sei, zu erkennen, "welches Besitzverhältnis zwischen den einzelnen Menschen und Dingen besteht (...). Das völlig neue (...) ist die geistige Ablösung des Besitzes vom Gegenstand. Seit der französischen Revolution beginnt zwischen Menschen und Dinge das Wertpapier in der Gestalt von Aktien Anteilen, Pfandbriefen und Banknoten einzudringen. Die Eigentumsbeziehung wird unsichtbar und im Laufe des 19. Jahrhunderts hat sich etwas herausgebildet, das früher überhaupt nicht bekannt war, die Erscheinung der beweglichen vom Ort und den Dingen unabhängigen, in Gegenständen nur 'angelegten' und zwar mit der Möglichkeit jederzeitigen Wechsels angelegten, nur durch die Höhe und nicht durch die Art bestimmten Vermögen. (...) Diese Ablösung des Besitzes vom Werk untergräbt und vergiftet die eigentliche produktive, am Heimatboden, an Äckern, Bergwerken, Betriebsstätten haftende Arbeit der heutigen Nationen. (...) Es (das Vermögen; A.G.) hat sich vom Boden gelöst, es schwebt in der Luft, es ist eine unfaßbare Größe. Und wenn die Entwicklung in dieser Richtung bis ans Ende schreitet, (...) dann ist eine Form der Wirtschaft erreicht, welche das Mark auch des stärksten Volkes aufzehrt."8
Und attac schreibt heute, inhaltlich in dieselbe Richtung zielend, nur in linke Phraseologie verpackt: "Die Macht der 'Finanzmärkte' wird täglich größer. (...) Durch den völlig freien Kapitalverkehr können die 'Investoren' die Nationalstaaten beliebig erpressen und gegeneinander ausspielen. Der Spielraum demokratisch gewählter Regierungen nimmt ab. Die Finanzmärkte werden zu Richtern über die Volkswirtschaft (...) Die Finanzmärkte disziplinieren nicht nur Regierungen sondern auch Unternehmen. (...) Das führt zwangsläufig zu Entscheidungen, die sich langfristig nicht positiv auf die Unternehmen auswirken. Aber das brauchen sie auch nicht, weil die Investoren meist nach kurzer Zeit wieder 'abstoßen'. (...) Deregulierte Finanzmärkte verbreiten Instabilität und lösen Krisen aus. (...) Durch die massive Beschleunigung der Umsätze werden die Finanzmärkte zu chronischen Krisenherden. Die Krisen treffen nicht nur das Finanzsystem selbst, sondern die gesamte Weltwirtschaft."9
Die Agitation, wie sie heute als eine gegen "Globalisierung" und "Neoliberalismus" auftritt, erweist sich als so neu nicht und ist als antikapitalistisches Ressentiment zu dechiffrieren: Als Vorstellung, dass die "Finanzmärkte" und die "multinationalen Konzerne" nicht dem sozialverträglichen Kapitalismus verpflichtet seien, sondern sich vielmehr Staat und nationale Produktionsgemeinschaft unterwürfen und als ihr Instrument zur unsozialen Gewinnmaximierung missbrauchten.10 Die Krisenhaftigkeit der wertverwertenden Gesellschaft wird in den "abstrakten Mächten" der Zirkulationssphäre verortet und soll durch den Eingriff der als konkret verstandenen Institutionen exorziert werden. Dieses als "Kritik der internationalen Finanzmärkte" auftretende, dem Schein der Verhältnisse selbst entspringende antikapitalistische Ressentiment entspricht unmittelbar der antisemitischen Trennung in produktives, konkrete Werte schaffendes und ausbeuterisches, Krisen erzeugendes Kapital und letztere ist somit nichts, was lediglich von außen an eine prinzipiell richtige und unschuldige Analyse herangetragen wird. Das antikapitalistische Ressentiment bläst zum Angriff auf das Abstrakte, Künstliche, Vermittelte und nicht "organisch Verwurzelte", das als Kapitalismus begriffen wird. Dieses Ressentiment bleibt jedoch nicht bei der Attacke auf das Abstrakte als Abstraktes stehen. Das Bewusstsein der kapitalen Subjekte, das Abstraktes und Konkretes nicht in deren Einheit denken kann, konkretisiert und ontologisiert vielmehr die reale Abstraktion der warenproduzierenden Gesellschaft nach fetischistischem Muster. "Auf der Ebene des Kapitalfetischs wird nicht nur die konkrete Seite naturalisiert und biologisiert, sondern auch die erscheinende abstrakte Seite, die nun in Gestalt der Juden wahrgenommen wird."11 Die in fetischistisch-dinghafter Weise erscheinenden gesellschaftlichen Verhältnisse werden nochmals fetischisiert und als "jüdisches Wesen" halluziniert.
Der Antisemitismus ist der Versuch, den versachlichten und verselbständigten Formen lebendige und persönliche Gestalt zu verleihen. Er unternimmt es, "den dinglichen Schein eines Undings in den 'menschlichen' Schein eines 'Unmenschen' zu verwandeln."12 Er ist das Bestreben, der Realabstraktion ein sichtbares Antlitz und damit menschliche Konkretheit zu geben: Die "des Juden". Dieser ist dem Antisemiten die Inkarnation der in der und durch die Gesellschaft tätigen Abstraktion. Der mysteriöse und krisenhafte Charakter der waren­produzierenden Gesellschaft wird zum Charakter "des Juden" rationalisiert. Der Affekt des Antisemitismus gilt der Vermittlung und Vermitteltheit schlechthin: Vom Standpunkt der unmittelbaren, konkreten Natur bzw. Kultur wird gegen die künstliche Zivilisation und das Abstrakte agitiert.
Die Erfahrung, den anonymen Kräften des prozessierenden Werts ausgesetzt und ausgeliefert zu sein, welche die Subjektivität und damit Identität der kapitalen Subjekte permanent hintertreiben, hat für die zu Autonomie und Selbsterhaltung Angehaltenen traumatischen Charakter. Die Ursache für diese Erfahrung wird als dunkle Machenschaft und Verschwörung projiziert.13 Als Beispiel sei hier noch einmal Oswald Spengler zitiert: "Die beweglichen Vermögen, welche hinter den Banken, Konzernen und Einzelwerken stehen, haben in einem Umfang, von welchem die Öffentlichkeit nichts ahnt, die politischen Einrichtungen, Parteien, Regierungen, die Presse, die öffentliche Meinung unter ihren Einfluß gebracht. In allen Ländern mit entwickelter Industrie, Plantagenwirtschaft oder ausgedehntem Handel diktieren sie beinahe die Gesetze, die sich irgendwie auf Gewinne und Abgaben beziehen. Sie haben unter dem Schlagwort: 'Belastung der starken Schultern' eine Steuerpolitik volkstümlich gemacht, die infolge ihrer Methoden die unbeweglichen, also sichtbaren und greifbaren Vermögen zugunsten der beweglichen, nicht erfaßbaren belastet; sie drängen die Wirtschaftsgesetzgebung unvermerkt in eine Richtung, die immer mehr vom festen Nationalgut von den Dingen löst und als internationales Vermögen in Fluß bringt, sei es auch nur in der Form von Krediten, um sich dann auf Kosten der am Orte haftenden Arbeit den Lasten und Pflichten zu entziehen."14
Auch hier sticht die inhaltliche Übereinstimmung mit dem globalisierungskritischen Ressentiment, wie es etwa auch in der weiter oben zitierten attac-Gundsatzerklärung formuliert ist, ins Auge: "Egal, ob Zins, Steuern, Wechselkurs, oder Budget, die wichtigsten finanzpolitischen Lenkungs­instrumente geraten zunehmend unter den Einfluss der Akteure auf den Finanzmärkten. (...) Die Ansprüche der Finanzmärkte sind - neben völlig freiem Kapitalverkehr, um die Staaten erpressbar zu halten - vor allem hohe Zinsen und niedrige Steuern. Beides schwächt die Gesamtwirtschaft (...). Wenn die 'Pflege' des Aktienkurses (zweistellige Rendite-Erwartungen) zum obersten Ziel wird, verblassen alle anderen Ziele (angemessene Löhne, Sozialprogramme, Mitsprache Ökologisierung, Kultur)."15
Die Krisenhaftigkeit, die für die kapitalistische Gesellschaft konstitutiv ist, wird im Antisemitismus, im Hass auf das Abstrakte, die "unfassbaren Finanzmärkte", das "Geld heckende Geld", in dem sich der "selbstreproduzierende Charakter des Kapitals, der sich verwertende Wert, die Produktion des Mehrwerts, als okkulte Qualität rein dar(stellt)"16 abgespalten und letzten Endes in der Verfolgung der Jüdinnen und Juden exorziert. Es wird versucht, diesen krisenhaften Charakter als das Werk eines phantastischen Übersubjekts, des "Dämons des ewigen Verneinens"17, dessen Wesen die immerwährende Negation gesellschaftlicher Einheit und Stabilität sei, dingfest zu machen.
Die empirischen Jüdinnen und Juden gelten dabei als Inkarnation des Prinzips Judentum, des "jüdischen Geistes", und der Hass richtet sich also nicht gegen sie als einzelne Personen, sondern als Projektionen der widersprüchlichen und krisenhaften Subjektivität der kapitalen Subjekte. Der Antisemitismus erzählt also nichts über die realen Jüdinnen und Juden, dafür jedoch alles über die Antisemiten und Antisemitinnen: Er ist kein Produkt irgendwie gearteter äußerer realer Erfahrungen, sondern pathische Projektion, der immanenten Gespaltenheit der kapitalen Subjekte. "Charaktermaske, die der Bürger ist, hat er seine Identität nicht an sich selbst, sondern nur als negative: als den zum Anti seines politökonomischen Selbst halluzinierten Feind."18
Das ist es auch, was den Antisemitismus so unstillbar und so resistent gegen Aufklärung macht. Dieser ist eine integrale "Alltagsreligion" (Marx), eine objektive Ideologie, mittels derer sich die Subjekte ihre Gesellschaft deuten und ihrer Ohnmacht und ihrem Hass ein konkretes Ziel geben, an dem die Widersprüchlichkeit und Krisenhaftigkeit der warenproduzierenden Gesellschaft exorziert werden soll und dessen Bekämpfung Orientierung, Ruhe und Ordnung herstellen soll. Das antisemitische Weltbild ist ein wahnhaftes, das zwanghaft Sinn stiftet, indem in ihm alles abgespalten und auf das Judentum projiziert wird, was den kapitalen Subjekten als Übel und Ungerechtigkeit erscheint. Es tritt solcherart als manichäisches in Erscheinung, mittels dessen die Krisenhaftigkeit der warenproduzierenden Gesellschaft als aus einem äußerlichen Prinzip stammend rationalisiert wird. Gegen dieses Prinzip der Auflösung und Zersetzung gelte es, sich zur Wehr zu setzen, weswegen die Antisemiten und Antisemitinnen sich als "verfolgende Unschuld" (Karl Kraus) gebärden, die nur in Notwehr auf äußere Bedrohung agieren. Der Antisemitismus tritt als allumfassende Welterklärung auf und nimmt eine existentielle Feinderklärung vor, die ohne Rücksicht auf alle individuellen und sozialen Eigenschaften vorgeht und alle von sich Betroffenen auf bloße Opfer, auf zu vernichtendes Material reduziert,19 und dies unterscheidet ihn qualitativ vom Rassismus weswegen er keinesfalls als eine Unterspielart eben jenes Rassismus begriffen werden kann.
Der Rassismus ist eine objektive Denkform, mittels derer sich die kapitalen Subjekte ihre Tauglichkeit zur Verwertung als Naturmerkmal halluzinieren, und so die allumfassende Angst, der eigenen gesellschaftlich produzierten Überflüssigkeit überführt zu werden, abspalten und auf die "Fremden" projizieren. Diese Projektionen sind unschwer als das Umkehrbild der Selbstzuschreibungen der kapitalisierten Subjekte zu erkennen: Die "Un(ter)menschen" gelten als minderwertig, zur Verwertung nicht tauglich und folglich Repräsentanten der ersten Natur. Das Schicksal der zu minderwertig Projizierten ist gleichzeitig die permanente Drohung, die jedem bürgerlichen Subjekt, permanent vor Augen steht, sollte es sich den Ansprüchen der Wertverwertung als unwürdig erwiesen, weswegen die rassistisch Diskriminierten, nicht nur verachtet sondern gleichzeitig gehasst werden. Es sind die nur allzu vertrauten Zeichen der Ohnmacht, die Hass und Verfolgung herausfordern.20
Der Rassismus ist eine Ideologie der Konkurrenz, eine Feinderklärung an den "Anderen", in dem wie verkehrt und wahnhaft auch immer, doch noch der Konkurrent, die Arbeitskraft und damit der Gleiche erkannt wird. Gegen den vorherrschenden Rassismusbegriff wäre also kritisch einzuwenden, dass der Rassist am "Ausländer" gerade nicht das "Fremde" und "Andersartige", die Differenz hasst, sondern vielmehr die Gleichartigkeit, die Ununter­scheidbarkeit der als Subjekte konstituierten Individuen im Prozess der kapitalen Verwertung. Dass es in Zeiten des durchgesetzten Weltmarktes und seiner Krisen gerade kein natürlich scheinendes Kriterium gibt, dass den Einzelnen im globalen Konkurrenzkampf der für die Verwertung mehr und mehr Überflüssigen ihre produktive Verwertung sichert, nötigt diese umso mehr zum Beharren auf der eigenen Unverwechselbarkeit und der Attributierung der Konkurrenten als "Fremde".
Die Krisenhaftigkeit des Subjekts ist so allerdings nicht zu bannen und die objektive Situation derer, die der negativen Vergleichung ausgesetzt sind, welche einerseits ihre Subjektivität permanent setzt, diese aber ebenso permanent bedroht und hintertreibt, bringt den Hass auf das gleichmachende Prinzip und was damit identifiziert wird hervor. Die kapitalisierten Subjekte halluzinieren sich ein personifiziertes negatives Prinzip, auf das alle "negativen" Seiten der Moderne projiziert werden, dem Allmacht und Allgegenwärtigkeit unterschoben wird, und das so für alle empfundenen Übel und Ungerechtigkeiten verantwortlich gemacht wird. "So ereignet sich der Rassismus im Rahmen von Vergleichung und Konkurrenz, während der Antisemitismus sich gegen die durch den Tausch gestiftete Vergleichung der Individuen als kapitale Subjekte wendet, welche er als Verschwörung abstraktifiziert und auf empirische Personen projiziert, die er ohne Rücksicht auf ihre Besonderheiten vernichten möchte."21
Der Rassismus reflektiert die Angst des Einzelnen vorm Verschwinden seines Subjektcharakters im plump Kreatürlichen, der Antisemitismus die Panik vor der Auflösung der Subjektivität durch die geheimnisvollen Mächte des Abstrakten. "Im Rassismus halluziniert der Bürger seinen Untergang in krude Natur, im Antisemitismus seine Liquidation durch hypertrophen Geist."22 Das was dem Antisemiten Jude heißt, ist die Personifikation des globalen Prinzips abstrakter und vermittelter Herrschaft, also die Verleiblichung eines allmächtigen, allgegenwärtigen und doch unfassbaren Prinzips.
Der Antisemitismus speist sich aus dumpfen Ressentiments gegen Abstraktheit und Vermitteltheit, gegen Zivilisation, Liberalität und Individualität. Er ist als konformistische Rebellion gegen die widersprüchliche und krisenhafte Konstitution der als kapitale Subjekte gesetzten Individuen zu charakterisieren und als solche gleichzeitig die bewusste Exekutierung der barbarischen Züge, welche die wertverwertende Vergesellschaftung in ihrem Verlauf aus sich selbst heraus produziert.
Antisemitisches Ressentiment ist somit kein verkürzter, entfremdeter Protest gegen den Kapitalismus, als welchen ihn die traditionelle Linke über weite Teile begreift, kein Protest also, der prinzipiell dem Wunsch nach Emanzipation entspringt und nur "verlängert" werden müsse. Es nährt sich zwar aus den unterdrückten Trieben bedeutet aber als Reaktionsbildung darauf die perfekte und absolute Entgegenkehrung, zielt also nicht auf Befreiung und Versöhnung. Im Gegenteil: Das Verfemte - die Glücks­versprechen der liberalen, individualistischen Gesellschaft, welche den Gedanken an Emanzipation überhaupt erst ermöglichen - soll ein für alle mal ausgetrieben werden. Dies ist es worauf Horkheimer und Adorno abzielen, wenn sie in der "Dialektik der Aufklärung" schreiben, dass der Antisemitismus "die Rebellion der unterdrückten Natur gegen die Herrschaft unmittelbar der Herrschaft nutzbar" macht.23 In der antisemitischen Verfolgung und letzten Endes in der Vernichtung wird an den Jüdinnen und Juden, auf die das Verdrängte projiziert wird, die Auslöschung eben dieses Verdrängten und Abgespaltenen exekutiert. "Die antisemitische Tat ist ein aktives Exterminieren von verdinglichter Freiheit, ist eine Erneuerung von Unterwerfung." 24

Antizionismus als Kampf gegen die "künstliche Zivilisation"
Wie schon der Untertitel des Marxschen Hauptwerks - Kritik der politischen Ökonomie - verrät, ist die kapitalistische Gesellschaft nur als staatlich verfasste adäquat zu fassen. Der Staat ist entgegen der gängigen marxistischen Ansicht keineswegs ein Überbauphänomen, der sich über einer ökonomischen Basis erhebt, er ist vielmehr ein notwendiges Moment der gesellschaftlichen Totalität. Die spezifische Verfasstheit der Gesellschaft selbst erfordert es, dass sich deren Wesen in ein ökonomisches und ein politisches Verhältnis verdoppelt. "Zwischen Staat und Kapital kann daher ein Verhältnis der Ableitung nicht bestehen, vielmehr: Die Souveränität ist das politische Verhältnis des Kapitals, wie das Kapital nur das ökonomische Verhältnis der Souveränität ist."25
So wie die Wertform als allgemeine nur möglich ist, wenn ein allgemeines Äquivalent, das Geld, existiert, so muss notwendig ein Drittes der Vermittlung existieren, damit die einzelnen Warenbesitzer sich aufeinander beziehen können. Die für den Warentausch notwendige wechselseitige Anerkennung als Freie und Gleiche,26 der sich durch nichts als den Besitz gleichartiger Wertquanta auszeichnenden kapitalen Subjekte muss durch eine von ihnen getrennte Instanz vermittelt werden. Diese Dritte ist der staatliche Souverän, der sowohl durch das Recht als auch durch das Gewaltmonopol charakterisiert und nicht auf eines der beiden Elemente zu reduzieren oder einseitig aufzulösen ist. Die Gleichheit vor dem Recht ist so gleichzeitig eins mit Unterwerfung unter unableitbare Gewalt.
Auch der Souverän ist also sinnlich-übersinnliche Erscheinung der warenproduzierenden Gesellschaft. Der Souverän ist die ebenso notwendig erscheinende abstrakt-allgemeine Form der Subjekte, wie das Geld die notwendig erscheinende Wertform der Waren ist. Die Souveränität des Werts, die im als Kapital fungierenden Geld eine ihrer Eigengesetzlichkeit entsprechende Existenz findet, verlangt nach einer ebenso universalen politischen Souveränität. Die kapitalen Subjekte müssen den Staat wollen. Er ist die notwendige Voraussetzung ihrer Existenz als Warenbesitzer wie das Resultat ihres gesellschaftlichen Verkehrs.
So wie Politik und Ökonomie also nur an der Oberfläche der Gesellschaft gegeneinander verselbständigte Sphären sind, als solche aber auf dasselbe Wesen, die gesellschaftliche Synthesis, verwiesen sind, so stellt sich auch auf der Ebene der Staatlichkeit die dem systematischen Verkehrungs- und Verblendungszusammenhang der wertverwertenden Gesellschaft entspringende Aufspaltung dar: In abstrakt-künstliches Recht einerseits und konkret-organische Souveränität andrerseits. Die Einzelnen rationalisieren ihre allgemeine und immanent unaufkündbare Inanspruchnahme durch den Souverän als konkrete, ihnen von Natur aus zukommende Verbindung mit "ihrem" Staat. Der Souverän erscheint so als "Staat des Volkes", zu dem die Einzelnen qua Geburt gehören und der diese natürliche Ordnung zu garantieren und zu exekutieren hat. Demgegenüber wird das künstliche, universale und "bodenlose" Recht des abstrakten Staatsbürgers gestellt, das die Verbindung des Einzelnen zum staatlichen Zusammenhang vermittelt über das individuelle Rechtssubjekt regelt.27
So wie das Geld ist auch das Recht die hochvermittelte Erscheinung eines dahinterliegenden gesellschaftlichen Verhältnisses. So wie die Kategorien Ware und Geld nichts über die Form der ihnen notwendig zugrundeliegenden mehrwertschaffenden Produktion aussagen, ja diese geradezu verhüllen, woraus der gesellschaftlich notwendige Schein entsteht, das Geld, der abstrakt gewordene Reichtum, habe okkulte und usupatorische Macht und sei die "Wurzel allen Übels", so erscheint das abstrakte Recht des Staatsbürgers im Antisemitismus als ein künstliches, jüdisches Werkzeug, das die organische Einheit des Volkes mit sich und seinem Staat zersetze.
Dies lässt sich etwa an Carl Schmitt demonstrieren, der sich in seinen rechtstheoretischen Arbeiten der Substantialisierung des Souveränitätsbegriffes widmete. Der als "leer und formal" bezeichneten Forderung nach Gleichheit aller vor dem Gesetz, die ein Werkzeug und eine Waffe von "Fremden und Betrügern" und deren "fremder und feindlicher Legalität" sei, stellte Schmitt mit dem Terminus der "Gleichartigkeit" als einen "sachlichen und substanzhaften" Begriff entgegen.28 Er setzte dem liberalen Rechtsstaat, dem bloß das Prinzip, "Mark war ja auch Mark, und getauft war getauft" gegolten habe, das "gute Recht der guten deutschen Sache" entgegen.29 "Wir suchen eine Bindung, die zuverlässiger, lebendiger und tiefer ist, als die trügerische Bindung an die verdrehbaren Buchstaben von tausend Gesetzesparagraphen."30 Der Rechtstaat mit seinem formalen Recht des Staatsbürgers galt ihm als Ausdruck jüdischer Legalitätsvorstellungen. Gegen dieses formale Recht setzte Schmitt letzten Endes das "konkrete Ordnungsdenken" und den Nomos-Begriff, die das deutsche Rechtsdenken vom jüdisch geprägten Gesetzesbegriff befreien sollten. Dem Nomos-Begriff, der das Deutsche darstellen sollte, konnte Schmitt, in der Logik der Sache liegend, sich nur negativ annähern, in der Polemik gegen das "Artfremde", das "Jüdische", gegen das der Kampf aufgenommen werden müsse, weil es mit seinem formalen Gesetzesbegriff eine Gefahr darstelle, indem es sich "eifrig bemüht, eine Gespensterwelt von Allgemeinbegriffen über der konkreten Wirklichkeit aufzurichten."31 Dies sei so aufgrund "der Eigenart des jüdischen Volkes, das seit Jahrtausenden nicht als Staat und auf einem Boden, sondern nur im Gesetz und in der Norm lebt, also im wahrhaften Sinne des Wortes 'existenziell normativistisch' ist."32
Das abstrakte Recht wird also - homolog dem Verhältnis von Ware und Geld sowie von Produktion und Zirkulation - als von außen an ein natürliches, in organischer Einheit sich befindliches Kollektiv herangetragenes, die ursprüngliche Harmonie auflösendes Phänomen verstanden. Auch in dieser Aufspaltung wird somit eine Seite der erscheinenden Antinomie affirmiert und verklärt: In diesem Falle die konkret erscheinende Staatlichkeit, der "organische Volksstaat". Es werden damit wiederum die grundsätzlichen Formen der waren­produzierenden Gesellschaft bejaht, denen, gegen als äußerlich und abstrakt hinzutretend verstandene Störfaktoren, zu ihrem Recht verholfen werden soll. Diese Denkform wäre als konformistische Rebellion gegen das Kapital auf der Grundlage des Kapitals zu charakterisieren,33 die als großangelegte Rettungsaktion des Konkret-Natürlichen gegen das Abstrakt-Zivilisatorische auftritt.
Dieser Rettungsversuch der natürlichen Gemeinschaft vor der künstlichen Zivilisation hat sich bereits früh auch gegen die Möglichkeit eines jüdischen Gemeinwesens gewandt, also antizionistisch argumentiert. Bereits 1922, also 26 Jahre vor der Gründung Israels, veröffentlichte Alfred Rosenberg seine Schrift "Der staatsfeindliche Zionismus", in der er so gut wie alle Argumente vorwegnimmt, welche die Feinde Israels heute gegen den jüdischen Staat vorbringen und somit implizit die Schutzbehauptung Lügen straft, die Israelkritik, als welche der Antizionismus sich bemäntelt, sei eine Reaktion auf die politische Praxis dieses Staates.
"Alle arabischen Proteste, die gegen die gewaltsame Judaisierung Palästinas gerichtet waren, halfen nichts. Palästina, ein Land mit 500 000 Moslems, 65 000 Christen - und 63 000 Juden erhielt keine Selbstverwaltung, sondern wurde rücksichtslos den Wünschen der Zionisten ausgeliefert"34 weswegen "sich die Araber gegen die zwangsweise Verjudung des Landes energisch zur Wehr (setzten)."35 Die Zionisten sind also eine "Nation, die sich gerade anschickt, das arabische Volk aus seinem Lande zu vertreiben und mit Hilfe anderer Soldaten niederzuknüppeln!"36 "(U)nter dem Banner der Freiheit lassen sich die Völker ihre Freiheit aus der Hand reißen. Denn sobald der Jude irgendwo das Übergewicht besitzt, setzt mit notwendiger Konsequenz eine Unterdrückung alles Nichtjüdischen und Antijüdischen ein."37 Durch "abgezwungene wirtschaftliche und politische Vorrechte soll die kleine (jüdische; A.G) Minorität (in Palästina; A.G.) von vornherein herrschend gemacht werden und Juden aller Länder anlocken, das neue jüdische Zentrum zu besiedeln, nach alter Methode, die eigentlichen, Jahrtausende hier lebenden Bewohner auf 'legalem' Wege auszuwuchern, zu verdrängen und ein rein jüdisches (...) Sammelbecken für eine weit ausgreifende Orientpolitik zu schaffen. (...) Wenn jüdische Politiker vom zukünftigen Musterstaat Palästina sprechen, so weiß jeder Kenner, daß dies nie eintreten wird. Denn auf keinem Gebiet des Wissens, der Kunst, des Lebens ist der Jude wirklich schöpferisch gewesen. Sein 'Staat' wird genau so lange dauern, als die Millionen des den Völkern der Welt abgewucherten Geldes ihm künstlich Lebenskraft einpumpen. An dem Tage, wo die Judenfrage im Sinne der jeweiligen von den Hebräern ausgeplünderten Völkern gelöst sein wird (dieser Tag ist nicht mehr allzufern), fällt Palästina als Judenstaat in sich zusammen. (...) Zionismus ist, bestenfalls, der ohnmächtige Versuch eines unfähigen Volkes zu produktiver Leistung, meistens ein Mittel für ehrgeizige Spekulanten, sich ein neues Aufmarschgebiet für Weltbewucherung zu schaffen." 38
Alle antizionistischen Topoi sind bereits in diesem Text versammelt: Von der unberechtigten Landnahme, die einem seit Jahrtausenden in diesem Land lebenden Volk das "Recht auf nationale Selbstbestimmung" raubt, über den Vorwurf, der jüdische Staat sei ein Instrument des Imperialismus zur Beherrschung und Kolonialisierung des Nahen Ostens, bis zu dem Vorstellung, der jüdische Staat sei kein "echter" und könne das auch nicht sein, was sich in der bis heute beliebten Verwendung der Anführungszeichen niederschlägt, wenn von Israel die Rede ist. Die Argumentation ist also, dass durch einen künstlich geschaffenen Fremdkörper, der von außen in die harmonische arabische Welt "eingepflanzt" werde, Zersetzung, Ausbeutung und Unterdrückung in den organischen Kollektiven Einzug halte. Der Antizionismus erweist sich damit als so neu nicht und war notwendig schon Bestandteil der nationalsozialistischen Ideologie.
Die im Antizionismus sich manifestierende, eher politisch argumentierende Form wohnt dem Antisemitismus von Anbeginn an inne: Als Mobilisierung der konkreten Gemeinschaft des Volkes gegen die abstrakte Gesellschaft des Rechts; nach der Gründung Israels muss sie sich schließlich geradezu zwangsläufig am jüdischen Staat festmachen. Diesem gilt die altbekannte Projektion: War der Vorwurf den Juden und Jüdinnen gegenüber früher stets der, ein separater Fremdkörper in ihrer jeweiligen Nation zu sein, so wird nun ihre als Schutzhafen für die weltweit von Antisemitismus Verfolgten und damit als Präventivmaßnahme gegen die Wiederholung des 1945 militärisch gestoppten Vernichtungsprojekts gegründete Nation zum bürgerlich-nationalen Fremdkörper in einer Welt der Völker und Kulturen erklärt.39
Sowie die Jüdinnen und Juden dem Antisemiten das "Gegenvolk" sind, so gilt Israel als das Gegenbild zu "ordentlicher" Staatlichkeit: Als "künstliches Gebilde".40 In allem, was nationaler Identität, wo auch immer in der Welt, v.a. aber in Deutschland, Österreich und Palästina, im Wege steht, wittert der antisemitisch-antizionistische Wahn die Juden und ihren "rassistischen Siedlerstaat" am Werk. Die Ausrottungswünsche, welche europäische Antizionisten bislang nur verbrämt aussprechen, und die von den Protagonisten der Intifada und des Jihad bereits in die Tat umgesetzt werden, erscheinen so immer nur als Notwehr, als vielleicht überzogene, aber doch irgendwie verständliche Reaktion auf die permanente Kränkung, welche die Existenz Israels für die völkischen Kollektive darstellt. Noch das schlimmste antisemitische Massaker wird aufgefasst als "irgendwie ja doch gerechtfertigte Selbstverteidigung gegen das Überstülpen der westlichen Kultur und Ökonomie, das gegen das Selbstbestimmungsrecht der Völker verstößt."41
Israel sei der "Brückenkopf" der imperialistischen Unterdrückung des Nahen Ostens. "Die Errichtung Israels in den späten 40er Jahren war nur möglich mit Hilfe des US-Imperialismus, der sich auf diese Weise einen verlässlichen Handlanger im Nahen Osten geschaffen hat."42 Permanent wird von Imperialismus gesprochen und damit nur bekundet, dass die Kritik der politischen Ökonomie völlig unverstanden geblieben ist. Der Imperialismus ist als historisch notwendiges Phänomen der Entstehung und Durchsetzung der kapitalistischen Weltgesellschaft zu analysieren - als Form der ursprünglichen Akkumulation, der Verwandlung des naturalen Reichtums in das Material kapitalistischer Verwertung und des Hineinfolterns der Einzelnen in die Verkehrsformen der warenproduzierenden Gesellschaft. Er war die historische Bewegung der Transformation vormals nicht-kapitalistischer Weltgegenden in der Verwertung des Werts unterworfene. Der Imperialismus schloss historisch die Epoche der ursprünglichen Akkumulation ab und leitete den Übergang zur kapitalisierten Weltgesellschaft ein, womit er sich zugleich seinen eigenen Untergang bereitete.
Der Imperialismus existiert in Zeiten des global durchgesetzten Weltmarktes nur noch im Weltbild des Antiimperialismus und erweist sich somit als Form des Ressentiments und nicht als Kategorie der kritischen Durchdringung der Wirklichkeit. Dementsprechend wird er auch nur noch aufgefasst als angemaßte Herrschaft, die Usurpation und damit ein Fremdkörper im homogenen Kollektiv des Volkes sei, womit gleichzeitig der "guten", weil "eigenen" Herrschaft, sprich dem Volksstaat, die Absolution erteilt wird.
Israel als die Gesellschaft, die zwangsläufig im stärksten Gegensatz zu den völkisch verfassten Kollektiven steht, muss als die Projektionsfläche herhalten, an der all diese Ressentiments abreagiert werden,43 an der all das exorziert wird, was die kapitalen Subjekte als Hinderungsgrund für die erstrebte Einheit mit "ihrem" Staat, auffassen - egal, ob dieser Grund Imperialismus, "natürlicher New Yorker Tropismus der Tel Aviver Eliten"44, westliche Arroganz oder neoliberale Globalisierung genannt wird. So heißt es etwa in Artikel 6 der "Erklärung des attac-Ratschlags zu Antisemitismus und zum Nahostkonflikt": "Der Kampf gegen die neoliberale Globalisierung und der Wille, 'die Zukunft unserer Welt wieder gemeinsam in die Hände zu nehmen', sind mit dem Kampf für den Frieden, für die Menschenrechte und für das politische Selbstbestimmungsrecht der Palästinenserinnen und Palästinenser untrennbar verbunden."45
Die Ansicht, Staaten hätten die Umsetzung des "Rechts auf nationale Selbstbestimmung" in die Wirklichkeit zu sein, folgt der völkischen Vorstellung, Souveränität gründe im Boden des Territoriums, als dessen Anhängsel die als Volk bezeichneten und damit von vornherein entindividualisiert und zwangshomogenisiert gedachten Menschen somit gesetzt sind. Diese Vorstellung hat keinen Begriff davon, dass die politische Einheit eines Volkes kein Erstes, Ursprüngliches und Natürliches ist, sondern sich aus der Installation eines politischen Souveräns herleitet, der in der Lage ist, die Bevölkerung eines Territoriums als Volk, sprich als Material des Staates überhaupt erst zu konstituieren.46 Das Volk ist der vom Staat zum Ausdruck gebrachte Zwang zur Homogenität und es gibt kein unmittelbares, quasi natürliches Volk ohne Beziehung auf einen Souverän, der die Einheit überhaupt erst dar- und herstellt, die eine Bevölkerung zum Volk macht. Dieses ist somit weit entfernt davon, eine Kategorie der Emanzipation zu sein, es ist vielmehr der Zusammenschluss von zu Subjekten konstituierten Individuen zu Staatszwecken.
Solcherart materialistische Kritik liegt der Linken jedoch fern. Lieber fahndet sie besten Wissens und Gewissens, da doch mittlerweile geradezu formelhaft zu jeder Gelegenheit das Existenzrecht Israel anerkannt wird, nach ursprünglichen Kollektiven, die von abstrakten Mächten an ihrer Selbstbestimmung gehindert werden, und in Identifikation mit welchen sie ihre antizivilisatorischen Ressentiments ausleben kann. Am stärksten trifft die Identifikation dabei jene Kollektive, die den bewaffneten Kampf gegen diese Mächte, verkörpert im "künstlichen Gebilde Israel", dem Staat gewordenen Einspruch "gegen das friedliche Zusammenleben der Völker"47, bereits aufgenommen haben, jenen Kampf welchen die europäischen Feinde Israels bislang größtenteils nur publizistisch, diplomatisch und finanziell ausfechten.
Nicht die palästinensische Nationalbewegung also, die ihren Anspruch auf einen "organischen" Volksstaat in Blut- und Boden-Manier aus der Scholle ableitet und diesen im Kampf gegen den "zionistisch-imperialistischen Aggressor" zu etablieren trachtet, wird also als völkisch kritisiert, sondern die bürgerliche Gesellschaft der Jüdinnen und Juden und ihr Staat sollen die rassistische Anmaßung sein, die den Fremdkörper darstelle und die "organische Einheit" in Palästina zerstört habe. Das ist die Grundlage der UNO-Resolution von 1975, nach der Zionismus Rassismus sei, und dies ist auch die Grundlage der Verteufelung Israels auf der "Weltkonferenz gegen Rassismus, Rassendiskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und verwandte Intoleranz" im September 2001 in Durban, auf der die zivilgesellschaftlichen NGOs in trauter Eintracht mit den nationalstaatlichen Regierungen Israel als Apartheidstaat brandmarkten - Ausdruck dessen, dass der antizionistische Wahn sich in der Herausbildung einer antisemitischen Internationale manifestiert, die zum Kampf gegen den jüdischen Staat sowie in weiterer Folge gegen Jüdinnen und Juden weltweit mobilisiert.
Die der Kritik der politischen Ökonomie sich verpflichtet fühlende Staatskritik dagegen, die solch völkischen Vorstellungen als das zu denunzieren hat, was sie sind, resultiert nicht in einer abstrakten Negation, einer antinationalen Äquidistanz zu allen Nationalstaaten, welche die Singularität Israels, seine unauflösbare Verbindung mit der Vernichtung des europäischen Judentums, die angesichts der globalen Intifada neue Aktualität gewinnt, verschwinden macht. Materialistische Staatskritik, die ihre Erkenntnisse Ernst nimmt, hat vielmehr unbedingte Solidarität mit dem jüdischen Staat, der bewaffneten Emanzipationsgewalt der Jüdinnen und Juden in einer nationalstaatlich verfassten Welt zu einem notwendigen Moment ihrer selbst.

1 Lukács, Georg: Die Verdinglichung und das Bewußtsein des Proletariats; in: Ders.: Geschichte und Klassenbewusstsein. Studien über marxistische Dialektik (1923), London 1997, S. 94 (Hervorhebung im Original)
2 Vgl. Backhaus, Hans-Georg: Über die Notwendigkeit einer Ent-Popularisierung des Marxschen "Kapitals"; in: Görg, Christoph/Roth, Roland (Hg.) Kein Staat zu machen. Zur Kritik der Sozialwissenschaften, Münster 1998, S. 354
3 Bruhn, Joachim: Nazismus als Erkenntnisfalle. Warum die Geschichtswissenschaft die denkbar ungeeignetste Methode ist, Auschwitz zu verstehen; in: Bahamas; Nr. 22, 1997, S. 42
4 Marx, Karl: Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie (1857); in: MEW 42, Berlin 1983, S. 80 f. (Hervorhebung im Original)
5 Vgl. Marx, Karl: Fragment des Urtextes von "Zur Kritik der politischen Ökonomie"; in Ders.: Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie (1857), Berlin 1974, S. 924
6 Vgl. Marx, Karl: Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, a. a. O., S. 154-164; sowie: Ders.: Fragment des Urtextes von "Zur Kritik der politischen Ökonomie", a. a. O., S. 919-947
7 Marx, Karl: Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, a. a. O., S. 224 (Hervorhebung im Original)
8 Spengler, Oswald: Politische Pflichten der deutschen Jugend. Rede vor dem Hochschulring deutscher Art in Würzburg am 26. 2. 1924; in: Wende, Peter (Hg.): Politische Reden III. 1914-1945; Frankfurt/M. 1994, S. 447 ff. (Hervorhebung im Original)
9 attac Austria: Regulierung. Warum tritt attac für die politische Kontrolle und Re-Regulierung der Finanzmärkte ein?; http://www.attac-austria.org/infos/regulierung.php
10 Gleichzeitig erweist dieses Ressentiment sich als antiamerikanisches, da dem gesinnungsethischen Antikapitalismus Amerika als die Gesellschaft gilt, in der nur das Geld, der run nach dem abstrakten Reichtum zähle, wohingegen in der sozialen Marktwirtschaft der Gemeinnutz Vorrang vor dem Eigennutz habe, was durch die "neoliberale Globalisierung" aber in Gefahr sei.
11 Postone, Moishe: Nationalsozialismus und Antisemitismus. Ein theoretischer Versuch; in: Werz, Michael (Hg.): Antisemitismus und Gesellschaft. Zur Diskussion um Auschwitz, Kulturindustrie und Gewalt, Frankfurt/M. 1995, S. 37 f.
12 Scheit, Gerhard: Verborgener Staat, lebendiges Geld. Zur Dramaturgie des Antisemitismus, Freiburg i. Br. 1999 , S. 50
13 Vgl. Löwenthal, Leo: Falsche Propheten. Studien zum Autoritarismus, Frankfurt/M. 1990, S. 40
14 Spengler, Oswald: Politische Pflichten der deutschen Jugend, a. a. O., S. 449 f.
15 attac Austria: Regulierung, a. a. O.
16 Marx, Karl: Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie. Dritter Band. Buch III: Der Gesamtprozeß der kapitalistischen Produktion (1894), Berlin 1989, S. 622
17 Rosenberg, Alfred: Der Mythus des 20. Jahrhunderts. Eine Wertung der seelisch-geistigen Gestaltenkämpfe unserer Zeit (1930), München 1936, S. 147
18 Initiative Sozialistisches Forum: Furchtbare Antisemiten, ehrbare Antizionisten. Über Israel und die links-deutsche Ideologie, Freiburg i. Br. 2000, S. 38
19 Nicht umsonst haben die Nationalsozialisten das Judentum nicht als eine Rasse unter vielen aufgefasst, sondern konsequent als "Gegenrasse", als "Anti-Volk", als die Verkörperung des negativen Prinzips schlechthin.
20 Vgl. Horkheimer, Max/Adorno, Theodor W.: Dialektik der Aufklärung. Philosophische Fragmente (1947), Frankfurt/M. 1988, S. 120
21 Nachtmann, Clemens: Drittes Reich, Dritte Welt, Dritter Weg. Über Rassismus und Antirassismus; in: Bahamas, Nr. 43, 2003/04, S.58 (Hervorhebung im Original).
22 Bruhn, Joachim: Was deutsch ist. Zur kritischen Theorie der Nation, Freiburg i. Br. 1994, S., 98 23 Horkheimer, Max/Adorno, Theodor W.: Dialektik der Aufklärung, a. a. O., S. 194
24 Kettner, Fabian: Volksgemeinschaft und Antisemitismus. Ein Vortrag in zwei Teilen; http://www.rote-ruhr-uni.org/texte/kettner_volksgemeinschaft_und_antisemitismus.plain.html
25 Initiative Sozialistisches Forum: Abschaffung des Staates. Thesen zum Verhältnis von anarchistischer und marxistischer Staatskritik; in: Dies.: Das Ende des Sozialismus, die Zukunft der Revolution. Analysen und Polemiken, Freiburg i. Br. 1990, S. 100
26 "Da das Geld nur Realisierung des Tauschwerts ist und entwickeltes Tauschwertsystem Geldsystem; so kann das Geldsystem in der Tat nur die Realisierung dieses Systems der Freiheit und der Gleichheit sein." (Marx, Karl: Fragment des Urtextes von "Zur Kritik der politischen Ökonomie", a. a. O., S. 914) "Gleichheit und Freiheit sind also nicht nur respektiert im Austausch, der auf Tauschwerten beruht, sondern der Austausch von Tauschwerten ist die produktive, reale Basis aller Gleichheit und Freiheit." (Ders.: Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, a. a. O., S. 170) "Die Sphäre der Zirkulation oder des Warentausches, innerhalb deren Schranken Kauf und Verkauf der Ware Arbeitskraft sich bewegt ist ein wahres Eden der angebornen Menschenrechte. Was alleine hier herrscht, ist Freiheit, Gleichheit, Eigentum (...)." (Ders.: Marx, Karl: Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie. Erster Band. Buch I: Der Produktionsprozeß des Kapitals (1872), Berlin 1993, S. 189)
27 Die Vereinigten Staaten etwa werden als bürgerliche Gesellschaft ohne Souverän imaginiert, als das Land, in dem nur das abstrakte Recht regiert, welches aufgrund seiner universalistischen Form sich die gesamte Welt unterwerfen wolle. Es sind der angesprochene Universalismus und der Individualismus, die das abstrakte Recht charakterisieren, welche der Antiamerikaner so hasst, und die er mittels Projektion exorzieren möchte.
28 Zitate aus: Gross, Raphael: Carl Schmitt und die Juden. Eine deutsche Rechtslehre, Frankfurt/M. 2000, S. 62 f.
29 Scmitt, Carl: Das gute Recht der deutschen Revolution, in: westdeutscher Beobachter. Amtliches Organ der NSDAP, 12.3.1933, S. 1; zit. in: Gross, Raphael: Carl Schmitt und die Juden, a. a. O., S. 64
30 Schmitt, Carl: Staat, Bewegung, Volk. Die Dreigliederung der politischen Einheit, Hamburg 1933, S. 46
31 Schmitt, Carl: Nationalsozialistische Rechtsdenken; in: Deutsches Recht, Nr. 4, 1934, S. 225, zit. in: Gross, Raphael: Carl Schmitt und die Juden, a. a. O., S. 75
32 Ebd., S.76
33 Vgl. Scheit, Gerhard: Bruchstücke einer politischen Ökonomie des Antisemitismus; in: Streifzüge, Nr. 1/1997, S. 7
34 Rosenberg, Alfred: Der staatsfeindliche Zionismus (1922), München 1943, S. 23
35 Ebd., S. 43 f.
36 Ebd., S. 48
37 Ebd., S. 77
38 Ebd., S. 86; Hervorhebung im Original
39 Vgl. Krug, Uli: Europas "neuer" Antisemitismus. Oder: Die Notwehr der "Opfer der Opfer" gegen den "jüdischen Rassismus"; in: Bahamas, Nr. 44, 2004, S. 24
40 Das antizionistische Argument, dass Israel kein echter Staat sei, die Juden also zur Staatsgründung nicht fähig wären, erweist sich als komplementär zu der antisemitischen Vorstellung, die Juden seien unfähig zur Arbeit, zu produktiver und schöpferischer Tätigkeit überhaupt.
41 Info-Radio Berlin vom 9. 10.2002
42 Stellungnahme der AGM zu Palästina: Ja zum palästinensischen Aufstand! Nein zu Antisemitismus!; http://www.agmarxismus.net/
43 Die Vereinigten Staaten spielen in diesem Zusammenhang eine ähnliche Rolle im psychischen Hauhalt der ressentimentgetrieben Subjekte, was auf den engen Zusammenhang von Antiamerikanismus und Antizionismus verweist.
44 Coutrot, Thomas: Israel und das neue Paradigma der Globalisierung; in: Sand im Getriebe. Internationaler deutschsprachiger Rundbrief der attac-Bewegung, Nr. 21, 2003, S. 12
45 Erklärung des attac-Ratschlags zu Antisemitismus und zum Nahostkonflikt; http://www.anis-online.de/pages/_text2/0626_essay14-3.htm#3
46 Vgl. Initiative Sozialistisches Forum: Furchtbare Antisemiten, ehrbare Antizionisten, a. a. O., S. 53
47 Autonome Nahostgruppe Freiburg; zit. in: Haury, Thomas: Zur Logik des bundesdeutschen Antizionismus; in: Poliakov, Léon: Vom Antizionismus zum Antisemitismus; Freiburg i. Br., 1992, S. 143