Das Dilemma der
israelischen Linken
Vortrag und Diskussion mit Stephan Grigat
Donnerstag,
28. Oktober 2004, 19.30 Uhr
Republikanischer Club, Rockhgasse 1, 1010 Wien
Was bedeutet es, im Staat der Shoah-Überlebenden radikale Staats- und Kapitalkritik zu
formulieren? Linke befinden sich in Israel in einem Dilemma, das aber nur den
wenigsten bewusst zu sein scheint. Der Normalzustand ist (oder sollte es
zumindest sein), dass man sich als Staatskritiker gegen die Ideologie zur Wehr
setzt, der Staat seien »wir alle«, und die Anmaßung des Souveräns zurückweist,
einem, da man nun
einmal lebt, auch noch ein »Recht auf Leben« zuzuweisen,
mit dem die staatliche Gewalt stets demonstriert, dass sie dieses Recht
jederzeit auch entziehen oder relativieren kann. Abstrakt trifft das auf Israel
ebenso zu; Israel aber ist nicht »normal«, ist kein »Staat wie jeder andere
auch«, sondern die bürgerliche Emanzipationsgewalt von Juden und Jüdinnen, ein
bewaffnetes Kollektiv zur Abwehr des antisemitischen Terrors. Insofern ist seine
Existenz, auch wenn dieses scheinbare Paradox nur wenige in der radikalen Linken
wahrhaben möchten, die Bedingung für radikale Kritik an Staat und Kapital.
Worin unterscheidet sich vor diesem
Hintergrund der israelische Nationalismus von anderen? Wie ist das Verhältnis
von zionistischen und antizionistischen Linken in Israel? Welche Rolle spielt
die innerisraelische Kritik für die Nahostdiskussionen in
Europa?