Empire und Multitude
Über die Welt Michael Hardts und Antonio Negris
Vortrag von Fabian Kettner
Dienstag, 23. November 2004
19.30
Uhr
Café 7Stern, Siebensterngasse 31, 1070 Wien
Anfang 2001 erschien die deutsche
Übersetzung von Empire. Es sorgte für Furore in fast allen Feuilletons; in
einigen Kreisen der Linken wurde es begeistert aufgenommen. Der Grund für diese
Begeisterung ist nach der Lektüre unklar: was Hardt & Negri bieten, ist nichts Neues. Das ist nicht schlimm, aber
wieso wird es dann dafür gefeiert? Empire ist zum einen ein Digest von
soziologischen und politologischen Studien des letzten Jahrzehnts über
Globalisierung: über die Veränderungen in der Arbeitswelt und ihrer
Organisation, über das Verhältnis von erster, zweiter und dritter Welt
zueinander, wie über das von Markt, Geld und Kapital auf der einen und Staat und
Zivilgesellschaft auf der anderen Seite. Zum anderen ist Empire eine Revue von
Theorien und Theorieversatzstücken und ein dropping
von Theoretikernamen. Eklektizismus wäre ein Lob, dies aber setzte voraus, dass
man verstanden hat, was man zusammenfügt. Tatsächlich aber tradieren Hardt &
Negri, sowohl in ihrer Kritik wie in ihrer
Fortentwicklung, v.a. die Fehler des
Marxismus-Leninismus.
Außerdem ist dieses update von
Weltzustandsbeschreibung und Theoriestandard die Kulisse, in der Hardt &
Negri ihre Weltanschauung entfalten. Sie schreiben
also nichts Neues, aber sie artikulieren etwas. Sie soufflieren ihren
begeisterten Rezipienten das, was sie schon immer, wenn schon nicht dachten, so
doch zumindest in sich hatten; und was nun, nach der Lektüre, einen Ausdruck
gefunden hat. Das movens in Empire ist eine Ontologie
der "Menge" ("multitude"), mit deren manichäischem Antagonismus mit der Herrschaft, dem "Empire",
Hardt & Negri
Geschichtsphilosophie betreiben,
an deren Ende die eschatologische Verheißung steht,
wenn, nachdem die Entfremdung am größten, das Tal am tiefsten und die Not am
höchsten, hinterrücks, durch und gegen die Intentionen der Herrschaft, der
Kommunismus sich hergestellt haben werde.
Aber der Weg dahin ist hart, dornig und
blutig. Den Unterdrückten, der aufbegehrenden "Menge", denen, deren Sache sie
angeblich vertreten, wird von Hardt & Negri noch
mehr zugemutet als von Seiten der Herrschaft von Staat & Kapital
ohnehin.
Der Wirbel um Empire ist inzwischen abgeebbt, seit wenigen Wochen
liegt die deutsche Übersetzung des Nachfolgers, Multitude, vor. In dem Vortrag sollen beide Bücher
ideologiekritisch zersetzt werden.
Fabian
Kettner ist Mitglied des Arbeitskreises Rote Ruhr-Uni
in Bochum.
Eine Veranstaltung von
Café Critique und der Studienrichtungsvertretung
Politikwissenschaft.