8. Mai – Ein Fest der Befreiung
Beim Denkmal der Roten Armee am
Schwarzenbergplatz, 18 Uhr
Es sprechen:
- Raimund Fastenbauer, Generalsekretär der
Israelitischen Kultusgemeinde
- Ceija Stojka, Zeitzeugin
und langjähriges Vorstandsmitglied von Romano Centro
- Marijan Sturm, Zentralverband slowenischer
Organisationen (angefragt)
- Ruth Contreras, Vorsitzende Scholars
for Peace in the Middle East Austria
- Matthias Küntzel (Politikwissenschaftler aus
Hamburg)
- Café Critique
Catering: Maschu Maschu
Anschließend: "RussInnendisko"
Am 8. Mai 2007 jährt sich zum 62. Mal die Zerschlagung der
nationalsozialistischen Herrschaft. An diesem Tag feiern wir die Niederlage des
deutschen Reiches, das Ende von Mord und Unterdrückung, die Befreiung der
Gefangenen aus den Konzentrations- und Vernichtungslagern – und trauern um die
Ermordeten der Shoah. Ebenso trauern wir um die ermordeten Homosexuellen, Roma
und Sinti, Euthanasie-Opfer, „Asozialen“ und politischen GegenerInnen
des Nationalsozialismus. Am 8. Mai feiern wir diejenigen und danken denjenigen,
die diesem Treiben ein Ende setzten. Gleichzeitig bleibt aber das Entsetzen,
dass die Niederlage der Nazis um so vieles zu spät erfolgte und dass
essenzielle „Errungenschaften“ des NS bis heute weiterbestehen.
Die Alliierten, welche in Österreich und Deutschland 1945 die Einführung
einigermaßen zivilisierter Zustände erzwangen, wurden als Besatzer
gesehen. Die personelle Kontinuität nach 1945, das Buhlen der Parteien um die
Stimmen der „Ehemaligen“ ist bloß ein Symptom für die ideologische Kontinuität.
Resultate des NS, wie die Stiftung einer Volksgemeinschaft, ihre innige
Beziehung zum Staat, sowie dürftige Bemühungen, offenen Antisemitismus durch
neue Formen wie den Antizionismus zu verdecken, bestimmen den Charakter der
Nachfolgestaaten. Das Schweigen über die eigene Beteiligung an der Shoah wirkt
einigend und entlastend; Österreich brachte zu diesem Zweck die Behauptung
hervor, erstes Opfer des Nationalsozialismus gewesen zu sein.
Das wesentlichste Merkmal des NS, sein rassischer
Vernichtungsantisemitismus, verschwand nach 1945 keineswegs. Die oberflächliche
gesellschaftliche Missbilligung offener antisemitischer Ausbrüche führte zur
Herausbildung neuer Erscheinungsformen: Es durfte kritisiert werden, dass „die
Juden“ immerzu vom Holocaust sprachen, ständig Entschädigung verlangten, nie
ein Schlussstrich gezogen werden dürfe. Wie unaufgearbeitet besonders das Thema
Restitution auch heute noch ist, zeigen die enormen Schwierigkeiten und
Ressentiments bei der Rückgabe der geraubten Klimt-Bilder,
vor allem der „Goldenen Adele“ an die Erbin, Maria Altmann.
Dieser „sekundäre“ Antisemitismus wird auf internationaler Ebene durch den
Antizionismus ergänzt. Jenem Staat, der als Konsequenz aus dem Holocaust
gegründet wurde, um Jüdinnen und Juden relative Sicherheit vor dem weltweiten
Antisemitismus zu bieten, schlägt als dem „Juden unter den Staaten“ weltweiter
Hass entgegen. Seit der „Al-Aqsa-Intifada“, welche
außer bei arabischen Staaten auch in der UNO, der EU und weiten Teilen der
Antiglobalisierung- und Friedensbewegung Unterstützung findet, und anhand der
Zunahme antisemitischer Ausschreitungen seit dem 11. September lässt sich ein
„neuer Antisemitismus“ ausmachen, der sich an dem Zusammenfinden
rechtsextremer, islamistischer und linker Positionen festmacht. Dieser
"neue Antisemitismus", der in seiner geopolitischen Reproduktion als
Antizionismus auftritt, wurde auch im Zuge des Libanon-Krieges 2006 wieder
deutlich. Die legitime militärische Aktion Israels, die nicht nur eine Reaktion
auf die Entführung zweier Soldaten, sondern auch auf die permanenten
Raketenangriffe der Hisbollah war, wurde im diplomatischen Jargon als
"unverhältnismäßig" verurteilt, Israel dadurch das Recht auf
Selbstverteidigung aberkannt und gleichzeitig den Gotteskriegern der Hisbollah
Legitimation verschafft. Nicht nur die
permanente Bedrohung Nordisraels, auch die Koalition von Fatah und Hamas und
ihre Weigerung, Israel anzuerkennen, die Appeasementpolitik
der meisten europäischen Staaten gegenüber den islamistischen Regimen im Nahen Osten und der staatliche iranische
Vernichtungsantisemitismus, der seiner Forderung nach der Auslöschung Israels
mittels Atomwaffen nachzukommen versucht, machen die Lage Israels deutlich. All
das führt aber weder zu einem Boykott der palästinensischen, von der Hamas
geführten Regierung, noch zu entschlossenen Schritten – der einzigen
Möglichkeit, einen militärischen Konflikt zu verhindern – gegen den von den
Mullahs vorbereiteten zweiten Holocaust. Angesichts dieser globalen Bedrohung
ist unbedingte Solidarität mit Israel als dem Staat der Shoah-Überlebenden
und als potentielle Schutzmacht von Jüdinnen und Juden weltweit nicht nur die
einzig logische Konsequenz – sondern es ist auch bezeichnend, dass dies vor
allem in Deutschland und Österreich immer wieder gefordert werden muss und
keine Selbstverständlichkeit ist.
Der 8. Mai soll als jener Tag erinnert werden, an dem das großangelegte
nationalsozialistische Projekt zur Vernichtung von Menschen um der Vernichtung
willen erfolgreich zurückgedrängt worden ist. Wir erinnern daher an den Einsatz
der US-amerikanischen und britischen Streitkräfte, der französischen Resistance, der PartisanInnenverbände,
der Deserteure und aller WiderstandskämpferInnen, die
gegen das nationalsozialistische Regime kämpften. Wir erinnern im Besonderen an
den Einsatz der Roten Armee, die mit ihrem Beitrag zur Befreiung die größten
Opfer hinnehmen musste. Aus diesem Grund treffen wir uns beim Mahnmal der Roten
Armee am Schwarzenbergplatz, um die Niederlage des Nationalsozialismus zu
feiern und gleichzeitig daran zu erinnern, dass die Möglichkeit der Barbarei
ebenso fortwest wie die Verhältnisse, die sie schon einmal hervorbrachten.
Die
Niederlage des Dritten Reiches und seiner Verbündeten feiern:
Anthropoid/Innsbruck, antifa-on, Archiv der sozialen Bewegungen/Wien, Bund sozialdemokratischer Juden – Avoda, Café Critique, Context XXI, Fakultätsvertretung Sozialwissenschaften, Grünalternative Jugend Wien, Israelitische Kultusgemeinde, Kommunistischer StudentInnenverband (KSV - LiLi), Scholars for Peace in the Middle East/Austria, Studienvertretung Judaistik, Studienvertretung Politikwissenschaft, www.juedische.at, Zionistische Föderation in Österreich, ZPCL – der B’nai B’rith